Unsere Gesellschaft ist von Angst durchfressen, besonders die sozial Benachteiligten sind von Ängsten gequält. Und diese Angst als Grundstimmung hat einen Nutzen – sie nützt den Herrschenden. „Herrschaft lebt von Angst und sie lebt gut davon“, so lautet eine Ausgangsthese im neuen Buch „Angst und Ansgtmacherei. Für eine Wirtschaftspolitik, die Hoffnung macht“ von Markus Marterbauer und Martin Schürz. Marterbauer ist Chefökonom der Arbeiterkammer Wien, Schürz Vermögensforscher und Psychotherapeut – die beiden sind Freunde seit Studientagen. In ihrem ersten gemeinsamen Buch stellen die beiden renommierten Ökonomen die Ängste der Menschen vor existenzieller Not, Arbeitslosigkeit oder Einsamkeit ins Zentrum der Überlegungen. Denn sie wollen nicht alleine „die technokratische Sicht ökonomischer Fachleute“ zu Wort kommen lassen.
MINDESTSICHERUNG KÜRZEN, ARBEITSLOSENGELD NIEDRIG LASSEN: ES GEHT DARUM, MENSCHEN ANGST ZU MACHEN
Angst vor materieller Not, Demütigung und Abwertung müssen Menschen nur in einer ungerechten Gesellschaft erleiden. „Sie dürften in einer gerechten Gesellschaft nicht sein“, finden die Autoren. Wenn Regierungen sich weigern, die Menschen vor Armut zu schützen, entscheiden sie sich bewusst dafür, Menschen in Angst leben zu lassen. Man kürzt die Mindestsicherung, lässt Arbeitslosengeld und Notstandshilfe auf einem niedrigen Niveau, setzt Jobsuchende unter Druck. Die Mächtigen signalisieren den Arbeitslosen und prekär Beschäftigten, dass sie ungeschützt sind und sich billiger hergeben müssen.
Ums große Geld geht es bei diesen Drangsalierungen gar nicht, rechnen die beiden Ökonomen vor. Würde man das Arbeitslosengeld, die Notstandshilfe und die Sozialhilfe über die Grenze der Armutsgefährdung anheben, dazu die Ausgleichszulage und den Heizkostenzuschuss erhöhen, würde das nur zwei bis drei Milliarden Euro mehr kosten. Das sind gerade einmal zwei Prozent aller Sozialausgaben. Weiterlesen